Aufgewachsen und groß geworden bin ich in einem kleinen Dorf, ziemlich direkt an der niederländischen Grenze, namens Emlichheim. Wohl jeder Einwohner des idyllischen Dörfchens ist die Volleyballabteilung beim SC Union bekannt. Eben eine große Sportfamilie. Es gab kein Wochenende, ohne dass ich oder meine Eltern uns mit zum Sport genommen hatten. Sei es Fussball, Völkerball, Handball oder eben Volleyball. Die Samtgemeinde Emlichheim, bestehend aus fast 7.000 Einwohnern, hat bereits
erfolgreiche Volleyballspielerin wie Andrea Berg, Mareike Hindriksen oder meine spätere Zimmerpartnerin Jana-Franziska Poll hervorgebracht. Basis des Erfolgs ist eine erstaunliche Jugendarbeit, geprägt von viel Leidenschaft und Herzblut sowie vielen ehrenamtlichen Unterstützern.
Aber nun zu mir: Aller Anfang ist schwer!
Meine erste Berührung mit dem Volleyball begann bereits vor 23 Jahren. Im Alter von sechs Jahren, direkt nach der Einschulung, habe ich das erste mal einen Volleyball in den Händen gehalten. Meine ersten Versuche begannen bei den "Minis". Einmal in der Woche radelten wir mit unseren "Fietsen" zum Training. Die ersten Schritte auf dem 9x9m großem Volleyballfeld waren geprägt vom klassischen Fangen und Werfen sowie dem einheitlichen, sehr spielerischen Warm Up. Selbst bei Auf- und Abbau des Netzes wurden wir direkt mit eingebunden. Allerdings war meine Lust nur von kurzer Dauer. Unser Trainer, mein späterer Physiklehrer, hatte immer laut gepfiffen, wenn eine Übung zu Ende war oder wir mal wieder zu viel rumgealbert hatten. Dieses Pfeifen schreckte mich so sehr ab und beängstigte mich, dass ich nach ca. 20 Minuten an der Seite Platz nahm und beim Training nur noch von außen zusehen wollte. Beim späterem Abschlussspiel "Feuer, Wasser und Gefahr" war ich dann wieder am Start.
Nach gut einem Jahr kam ich dann in die E-Jugend des SCU und wir spielten zum ersten Mal drei gegen drei. Zusammen mit meinen Freundinnen hatte ich sehr viel Spaß und wir trafen uns selbst nach der Schule, fast jeden Tag, zum Volleyball spielen. Auf dem Spielplatz oder zu Hause über der selbstgebauten Schaukel fanden wir immer einen Platz, um den Ball hin und her zu spielen. Trainiert wurden wir u.a. von Spielerinnen aus der ersten Damenmannschaft des SCU. Das war ein absolutes Highlight. Meine damalige Jugendtrainerin Anika Brinkmann trainierte mich insgesamt drei Jahre. Vom Stemmschritt bis hin zur Abwehrrolle war alles dabei. Die gute Ausbildung habe ich definitv ihr zu verdanken. Selbst im jungen Alter übte sie mit uns Situationen auszuhalten und unsere Teamkollegen anzufeuern. So mussten wir beispielsweise immer an der Wand pritschen, baggern und schlagen. Erst nach zehn fehlerfreien Kontakten durften wir das Element wechseln. Das Training wurde erst beendet, wenn alle Mädels zehn Aufschläge ohne Fehler hinbekommen hatten. Klingt erstmal viel, aber am Ende hat es uns gestärkt. Natürlich kam der Spaß nie zu kurz und so wurden regelmäßig neue Übungen und Spielchen eingefügt.
Mein Wechsel auf die Realschule
Im Alter von zehn Jahren wechselte ich von der Grundschule in die Realschule. Ich besucht die fünfte Klasse und war froh, dass einige Mädels aus meiner Volleyballmannschaft auch in meiner Klasse bzw. auf der selben Schule waren. Lange hatten wir überlegt, ob ich nicht doch auf das örtliche Gymnasium wechseln sollte, aber meine Eltern hörten auf ihr Bauchgefühl und schickten mich auf die Realschule. Am Ende war es wohl die beste Entscheidung. Denn so hatte ich gute Noten und genug Zeit mich dem Volleyball zu widmen.
Selbst mit der Realschule Emlichheim schafften wir es regelmäßig in die Finalwoche für 'Jugend trainiert für Olympia' nach Berlin. Das war ein riesiger Erfolg, denn oft konnten wir aufgrund unser Vielzahl an Spielern ein spielstarkes Team auf die Beine stellen. Das größte Highlight war das Erreichen des Finales, als erst das Sportgymnasium aus Berlin unserer Erfolgsserie ein Ende setzte. Mit schönstem Sonnenschein wurden wir Mädels im Dorf zum jährlichen Pfingstfest mit einer Kutschfahrt empfangen. Dieser Moment wird mir wohl immer in Erinnerung bleiben, wie wir lachend, gut gelaunt durch das Dorf kutschierten und selbst unser Glück kaum fassen konnten, dass wir Mädels vom Dorf in der Großstadt das Finale erspielt hatten.
Die Spielpraxis macht's
Neben dem alltäglichen Stress zwischen Schule, Hausaufgaben und Volleyball schaffte ich es jedes Jahr eine Mannschaft "höher" zu rutschen. Man muss dazu sagen, dass es wirklich außergewöhnlich ist, dass ein Sportverein in so vielen Ligaklassen vertreten ist. Die Ligabreite erstreckte sich von der Kreisklasse, über die Bezirksklasse, Bezirksliga, Landesliga, Verbandsliga, Oberliga, Regionalliga bis hin zur zweiten Bundesliga. Ich hatte also optimale Bedingungen mich zu entwickeln und jedes Jahr nach neuen Zielen und Anforderungen zu streben. Neben dem normalen Mannschaftsbetrieb hielten uns die zahlreichen Jugendmeisterschaften ebenfalls auf Trab. Oft tanzte ich auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig. So kam es vor, dass ich in einem Jahr für die U16, die U18 und die U20 des SCU Emlichheim antrat. Das hatte zur Folge, dass fast jedes Wochenende, also Samstags und Sonntags Volleyball gespielt wurde. Samstag stand der normale Ligabetrieb auf dem Plan und am Sonntag die Jugendmeisterschaften. Hinzu kamen dann noch irgendwann Lehrgänge für die Landesauswahl, für die wir ebenfalls im regionalem Ligabetrieb teilnahmen. Meine Eltern fuhren regelmäßig privat oder mit dem Vereinsbus zu den Wettkämpfen, um uns zu unterstützen. Ich sehe sie jetzt noch mit großen Trommeln auf der Tribüne sitzen und uns anfeuern. Mein Vater begann die zahlreichen Kilometer, die wir auf der Autobahn zurückgelegt hatten, zu notieren. Als über 200.000 km erreicht wurden hörte er auf zu zählen.....
Mein erstes Spiel in der ersten Mannschaft des SCU Emlichheim
Mit 14 Jahren bestritt ich mein erstes Spiel für die erste Mannschaft meines Heimatvereins. Ein Traum wurde wahr und damals gab es für mich nichts Größeres als endlich in der zweiten Bundesliga zu spielen. Damals half ich beim Heimspiel Emlichheim vs. Oythe aus und so schnell konnte ich gar nicht schauen, da stand ich auf dem Feld. Es war ein besonderes Spiel, denn unser Gegner aus Oythe bestand aus vielen ehemaligen Spielern vom SCU und wir wollten natürlich gewinnen. Am Ende siegten wir im Tiebreak und beim Jubeln kullerten sogar ein paar Freudentränen. In der darauf folgenden Saison war ich dann fester Bestandteil der ersten Damenmannschaft als Küken des Teams.
Kleiner Fun-Fact am Rande: Kaum zu glauben, aber ich wurde regelmäßig für den Libero ausgetauscht, da meine Annahme einfach nicht ausreichte und unsere Mittelblockerin zum damaligen Zeitpunkt einfach besser annehmen konnte. Nichtsdestotrotz hatte ich in jedem Spiel Einsatzzeiten und konnte mich am Ende in die Starting Six spielen. Dies blieb auch dem damaligen Jugend-Bundestrainer aus Berlin nicht unbemerkt und so nahm das Schicksal seinen Lauf...